Saturn-Siegel und Saturn-Quadrat
Entwurf einer Typologie − Teil 1

Dieser Artikel befasst sich mit einem speziellen Aspekt der Saturn-Symbolik in den MSM, der Repräsentation des Wandelsterns durch ein magisches Quadrat. Bei einem solchen Quadrat handelt es sich um eine Zahlenmatrix, bei der die Summen aller Reihen, Spalten und der beiden Diagonalen gleich sind. Solche Quadrate gibt es mit verschiedenen Kantenlängen. Eine Zuordnung magischer Quadrate zu den Wandelsternen existiert seit dem Altertum. Unter anderen der Universalgelehrte Agrippa von Nettesheim (1468−1535) hat die Zuordung im mittelalterlichen Europa bekannt gemacht.

Wer mit der Astralsymbolik in Produkten der Film- und Musikindustrie nicht vertraut ist, dem empfehle ich zum Einstieg die Videoreihe "Die okkulte Musikindustrie", die ursprünglich auf dem YouTube-Kanal "TheAvantGuards" erschienen war. Der Kanal wurde gelöscht, die 19-teilige Reihe ist, zu einem Video zusammengefügt, nun auf archive.org verfügbar.

Das Saturn-Siegel genannte magische 3x3-Quadrat hat die Eigenschaft, dass die senkrechten und waagerechten Zahlenreihen sowie die beiden Diagonalen jeweils die Summe 15 ergeben. Die Quadratstruktur bildet genau acht Varianten, die durch Drehung oder Spiegelung erzeugt werden können. Bei allen Varianten steht die Zahl Fünf im Zentrum.

     

Die acht Varianten des magischen 3x3-Quadrates


Zwei Wege
Das Saturn-Siegel enthält eine lückenlose Zahlenreihe von eins bis neun. Will man die Eins mit der Neun verbinden, kann man dies auf zwei Wegen tun: Entweder man verbindet die Zahlen in aufsteigender (oder absteigender) lückenloser Reihenfolge ('langer Weg') oder man verbindet auf kürzestem geometrischen Weg die niedrigste mit der höchsten Zahl ('kurzer Weg'). Der lange Weg erzeugt das Saturnsiegel als Figur.



Saturnsiegel als Figur


Direkte 1-9-Verbindung


Die Zahlenreihe 1 - 5 - 9 des kurzen Weges weist eine Eigenschaft auf, die eine Beziehung zum Planeten Saturn hat:


Kombiniert man die erste und die mittlere Zahl zur Zahl 15 und addiert sie zur Summe aus mittlerer und letzter Zahl, ergibt sich 29 als Ergebnis. Die Umlaufzeit des Planeten Saturn um die Sonne beträgt etwas mehr als 29 Jahre. Dieser Zusammenhang könnte der Grund sein, aus dem das magische 3x3-Quadrat mit diesem Planeten identifiziert wird (zur Zuordnung magischer Quadrate zu Wandelsternen auf Amuletten siehe hp-gramatke).


Anhand von Bildbeispielen werde ich nun verschiedenen Varianten (Permutationen) des magischen Quadrates in ihren jeweiligen Bildkontexten spezifische Bedeutungen zuordnen.




  Aufstiegs-Hoffnung


Die britische Band Simply Red veröffentliche 1987 das EP-Compilation-Album 12'' ERS. Auf dem Cover posiert ein blutjunger Musiker mit einem Saturn-förmigen Hut in einem Bildformat, das drei aufeinander gestapelten Quadraten entspricht. Im mittleren dieser Quadrate lassen sich Hinweise auf eine Variante des magischen 3x3-Quadrates versammeln, bei der die niedrigste Felderzahl Eins unten und die höchste Felderzahl Neun oben steht. Zählt man aufwärts, so ergibt sich eine Bewegung von unten nach oben, die sich als Aufstiegshoffnung, als Traum vom Erfolg des jungen Musikers deuten lässt.



Cover des EP-Compilation-Albums 12'' ERS

Während die Welt-Stars Beatles im folgenden Bildbeispiel vom Gipfel ihres Erfolges herabblicken, dürfte für den jungen Musiker auf dem Simply Red-Cover der Erfolg noch in den Sternen stehen. Fasst man die lückenlose Zahlenfolge des magischen Quadrates als Auf- oder Abstiegsweg auf, entspricht die untere Variante des magischen Quadrates der Bewegung von oben nach unten (1 oben, 9 unten), die der Blickrichtung der jungen Herren entspricht. Im oberen Beispiel ist es umgekehrt: Hier deutet die 1 die Anfangsposition an (unbekannter Anfänger), während die 9 (erfolgreicher Aufstieg) (noch?) nicht zu sehen ist.

Das Saturnmotiv passt auf eine EP-Compilation, weil der bespielte Teil einer EP, so sie LP-Format hat, einen äußeren Ring bildet. Zwischen dem äußeren, bespielten Teil und dem kreisförmigen Label im Zentrum bleibt ein Freiraum, was dem Leeraum zwischen den Staubringen des Saturn und dem Planetenkörper im Zentrum entspricht.


  Von oben herab


Vier schnieke Jungs mit Saturn-förmigen Melonen vor Logeneingang, die nach ihrem Durchbruch im Jahr 1963 hier die Stufen zum Erfolg bereits erklommen haben (Cover der August-Ausgabe der Zeitschrift POST, Jahrgang 1964). Der Türrahmen des Logeneingangs deutet im Zusammenspiel mit der Oberkante des Gitterzaunes am linken und rechten Bildrand ein Quadrat an. Fünf sichtbare Schuhe verweisen auf die zentrale Fünf in allen Varianten des magischen 3x3-Quadrates. Die spezielle Variante, bei der erste und letzte Zahl der Zahlenreihe eine Bewegung von oben nach unten andeuten, entspricht der Blickrichtung der vier jungen Herren, die hier reichlich blasiert aus der edlen Wäsche gucken.



   Titel der Saturday Evening Post, August 1964

Die Zeitschrift, die die Beatles hier mit angedeutetem Saturn-Siegel zeigt, heißt passenderweise The Saturday Evening Post. (Zur Herkunft des Wochentagsnamens "Saturday" vom Planetennamen Saturn siehe Wikipedia, "Wochentag".)

Zwei Jahre später posieren die Fab Four für ein Fotoshooting in Schlachterkitteln mit nackten, zerteilten Babypuppen und rohen Fleischstücken. Eines der Fotos wird zum Covermotiv des Albums "Yesterday and Today" (1966). Die Armbanduhr im Bildzentrum steht für den römischen Gott Chronos, den Gott der Zeit, der häufig mit Kronos, der griechischen Entsprechung des römischen Saturnus gleichgesetzt wird.

Nach Protesten wurde die Vorderseite der Hülle mit einem entschärften Cover überklebt. Das neue Cover zeigt die Stars nicht mehr als babyschlachtende Saturnpriester, behält aber den Saturnbezug durch Andeutung eines magischen 3x3-Quadrates bei. Die linke Seitenwand, die Öffnung und der Deckel des bleigrauen Koffers bilden drei Rechtecke, deren Proportionen jeweils drei aneinandergefügten Quadraten entsprechen. In der Alchemie ist dem langsam umlaufenden Wandelstern Saturn das schwere, quasi träge Metall Blei zugeordnet.



Fröhliche Babyschlächter (ursprüngliches Albumcover)


Entschärftes Albumcover mit Saturn-Siegel-Andeutung (größere Abb.)



  Drei Monolithe


"2001: Odyssee im Weltraum ist ein Science-Fiction-Roman von Arthur C. Clarke aus dem Jahr 1968. Er entstand zeitgleich zum gleichnamigen Film auf Basis von Clarkes Kurzgeschichte The Sentinel, weicht aber teilweise von den Ereignissen in Stanley Kubricks Verfilmung ab. [...]

Inhalt: Eine Gruppe von Menschenaffen in Afrika entdeckt drei Millionen Jahre vor Christus einen schwarzen Monolithen, der von unbekannten Außerirdischen aufgestellt wurde. Durch den Kontakt mit dem Monolithen beschleunigt sich die Intelligenzentwicklung der Gruppe, woraufhin die Menschenaffen beginnen, Werkzeuge herzustellen. Mit deren Hilfe sind sie nun in der Lage, alle anderen Tiere zu töten und sich somit an die Spitze der Nahrungskette zu hieven.

Es folgt ein Sprung ins Jahr 1999, in dem der Wissenschaftler Dr. Heywood Floyd auf einer geheimen Mission zum Mond unterwegs ist. Dort wird ihm mitgeteilt, dass im Mondkrater Tycho ein schwarzer Monolith entdeckt wurde, der eine starke Störung des Magnetfelds verursacht. Er sendet zudem ein Signal zum Saturnmond Iapetus."
(Wikipedia, "2001: Odyssee im Weltraum (Roman)")

Später wird Floyd von der Bodenstation eröffnet, dass die Reise Richtung Saturn geht. Auf dem Saturn entdeckt der überlebende Weltraumfahrer schließlich einen weiteren, größeren schwarzen Monolithen.

Insgesamt erscheinen im Film also drei schwarze Monolithe.

Das Filmplakat (oder VHS-Cover ?) zeigt ein Rechteck, dessen Proportionen drei aufeinander gestapelten Quadraten entspricht und so eine Reihe des magischen 3x3-Quadrates andeutet.



  Filmplakat (oder VHS-Cover ?) (Quelle)


 


Mehrere Künstler haben − unabhängig von Buch- und Filmproduktion − visuelle Elemente des Films aufnehmend Poster gestaltet, in denen ebenfalls auf das magische 3x3-Quadrat angespielt wird:



 Plakat von Daniel Keane (Quelle)


 


Das Plakat von Olivia Sabo deutet im mittleren Segment eine Sense an (Bogen oben als Sensenklinge). Die Sense ist das Attribut des griechischen Zeit-Gottes Chronos. Aufgrund der Namensähnlichkeit und des ähnlichen Attributes wird er häufig mit dem griechischen Gott Kronos (Attribut: Sichel) gleichgesetzt, der dem römischen Gott Saturnus entspricht. Auch auf diesem Plakat findet sich eine 3er-Quadratreihe.



 Plakat von Olivia Sabo (Quelle)


'Versteckte' Sense


3er-Quadratreihe



  Abbey Road-Album

Das im Jahr 1969 erschienene Abbey Road-Album der Beatles zeigt auf dem Cover die vier Bandmitglieder beim Überqueren eines Zebrastreifens in der Londoner Abbey Road, dem Sitz der Produktionsgesellschaft EMI. Das Cover wurde vom britischen Grafikdesigner, Dokumentarfilmer und Regisseur John Kosh gestaltet. Auf der Vorderseite der Hülle sind weder der Bandname noch der Albumtitel verzeichnet.



Cover des Abbey Road-Albums

Das Saturn-Quadrat ist in drei weiße Streifen (Monolithe?) zerlegt. Im rechten Streifen formen Konturlinie und Schatten des Beins eine gespiegelte Eins. Der mittlere Streifen ist durch die fünf nackten Zehen Paul McCartneys markiert. Auf dem linken Streifen deuten der runde Schatten des Kopfes und der Schatten des gekrümmten Rückens eine gespiegelte Neun an. Die Bandmitglieder bewegen sich in Leserichtung auf einer 9-5-1-Reihe.

Die Beine der drei im Quadrat befindlichen Bandmitglieder bilden V-Formen, die − umgedreht − dem römischen Zahlzeichen für die Fünf gleichen. Addiert man sie, ergibt sich die Summe f&uum;nfzehn, was der Summe aller Reihen, Spalten und der beiden Diagonalen im Saturn-Quadrat entspricht.

Auffällig ist, dass John Lennon − der während der Produktion des Albums seinen Ausstieg aus der Band verkündet hatte (vgl. Wikipedia: "Abbey Road") − anders gekleidet ist als die übrigen Bandmitglieder und das Quadrat bereits verlassen hat. Die Bewegung der Bandmitglieder von der Vielzahl ('Neun') in Richtung der Einzahl ('Eins') könnte als Neuorientierung auf Soloprojekte gedeutet werden. Bei Wikipedia heißt es im Artikel "Abbey Road": "Das Album war das letzte, das George Martin mit den Beatles produzierte, und es war auch das letzte Album, an dem alle vier Beatles gemeinsam als Gruppe arbeiteten. Das bereits zuvor aufgenommene Album Let It Be wurde nach heftigen bandinternen Streitigkeiten im März und April 1970 von dem damals sehr angesehenen Produzenten Phil Spector fertiggestellt und erschien erst nach der offiziellen Trennung der Beatles."




Links

• Wikipedia, "Magisches Quadrat"
• Hans-Peter Gramatke: Magische Quadrate: Geschichte
• Jürgen Köller: Magische Quadrate
• Helmut Rösing: Heavy Metal, Hardrock, Punk: Geheime Botschaften an das Unbewußte? [PDF]